Kopfueber in Weißenhorn

In der ersten Oktoberwoche fand der zweite Kunsfluglehrgang des Förderverein Segelkunstflug Bayern am Flugplatz Weißenhorn statt. Unsere Segelflugpiloten Christoph und Johannes waren inkl. unserem Kunstflugeinsitzer Pilatus B4 auch dabei, um ihre Kunstflugberechtigung zu erlangen. Johannes hat seine Erfahrung mit dieser besonderen Art des Fliegens in ein paar Worte gefasst:

Wie Shakespeare einst zu sagen pflegte: „Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage.“ In meiner mentalen Vorbereitungsphase auf den Segelkunstfluglehrgang, kam mir dieser Lyriker mit seinem Gedanken hin und wieder in den Sinn. Natürlich etwas meiner Situation angepasst: „Soll ich oder soll ich nicht?“ Man lerne das Flugzeug in ungewöhnlichen Fluglagen zu kontrollieren, was wohl nicht nur Spaß, sondern auch mehr Sicherheit bringen soll. Das hört man zumindest meistens, wenn man einen Kunstflieger die obige Frage stellt. Der Entschluss stand also fest: „Ich nehme am Kunstfluglehrgang in Weißenhorn 2018 teil und werde auch einer der Piloten, die es anscheinend verlernt haben geradeaus zu fliegen.“

Am Samstag in Weißenhorn angekommen, ging es direkt los. Unser Fluglehrer, Rene, brachte die DG-1000S des LSV Gundelfingen mit, welche erst mal aufgerüstet wurde. Unerwartet schnell waren die beiden Schuldoppelsitzer an den Start gestellt und die Remo rollte auch schon die Piste rauf. Nun soll es also losgehen, die Teilnehmer teilten sich schnell auf die beiden Schuldoppelsitzer(ASK21, DG1000S) auf, wobei die Schüler auf der DG das Glück hatten nur zu zweit zu sein. Till vorgeschoben um nicht der erste sein zu müssen, kam mir Mr. Shakespeare wieder in den Sinn; nun jedoch mit: „Wird mir schlecht oder bleib ich trocken?“ Als zweiter an der Reihe ging es erst mal im F-Schlepp auf die ausgemachten 1200m. Die Rolle in den Rückenflug war schon ungewohnt, als die Schräglage über die 60° wanderte und man in der Folge darauf in den Gurten hing. Falls ich mich je gefragt haben sollte, wie es sich anfühlt ins kalte Wasser geschmissen zu werden, dann wusste ich es jetzt! Völlig verblüfft, kopfüber hängend, dachte ich: „Wenn sich Kunstflug so anfühlt, dann war das der erste und letzte Flug!“ Das zureden der Lehrer es sei am Anfang normal und das lege sich, muss man sich immer wieder einreden, damit man nicht vorschnell abzubrechen droht. Der Versuch im Rückenflug die Kontrolle und die Orientierung zu behalten machte mir klar, was immer Kunstflug auch sein mag, ich müsse dieses Fliegen neu erlernen. In der Tat man fühlt sich teils orientierungslos und hilflos wie am Anfang der Flugausbildung. Zum Glück hatte ich Rene im Rücken, der mit erklären und gutem Zureden, alles verdrehte gerade gerückt hatte, bis es immer besser und besser wurde. Ja auch das unwohle Gefühl nach den Landungen war eines Tages wie weggeblasen.

Am Montag war leider kein fliegbares Wetter, für den Kunstflug wird zwar keine Thermik benötigt, aber eine Wolkenuntergrenze von 200m reicht leider auch nicht aus. Überbrückt wurde der Tag mit einer sehr langen aber keineswegs wegzulassenden Studie der Theorie des Segelkunstfluges. Angefangen vom menschlichen Leistungsvermögen mit den Inhalten der Auswirkungen positiver sowie negativer G-Belastungen auf den menschlichen Körper, über das Luftrecht, die Figuren(besonders das Trudeln und den Spiralsturz), bis hin zur relevanten Luftfahrzeugtechnik im Segelkunstflug. Doch bei allen gutgemeinten Ratschlägen, die einem irgendwo über irgendwelche Flugzeuge erzählt werden, wurde uns auch eine Nützlichkeit in Form einer Abkürzung mit auf den Weg gegeben: RTFM (Read The Fucking Manual)

An den Folgetagen wurden die erlernten Figuren weiter vertieft und das Repertoire entsprechend des Lernfortschrittes erweitert. Deusi und Ich, als Teilnehmer des Mittelschwäbischen Luftsportvereines hatten die Möglichkeit, die erlernten Fähigkeiten auf unserer vereinseigenen Pilatus B4 zu testen und zu vertiefen. Schließlich waren wir bereit unseren Prüfungsflug mit Erfolg vorzuführen. Im Laufe des „Acro-Bootcampes“ konnte Deusi das bronzene und ich, ja mit etwas Stolz, das bronzene und das silberne Leistungsabzeichen in Händen halten.

Bei all dem fliegerischen Spektakel dürfen nicht die erworbenen Freundschaften in diesem Lehrgang zwischen allen Teilnehmern nicht vernachlässigt werden. Das Miteinander war einfach 1. Klasse. Aus der Not heraus, dass auf dem schwäbischen Land wohl sämtliche Lieferdienste am Montag Ruhetag haben, entstanden für der Rest der Woche tolle und wahrhaftig leckere Kochabende.

Zum Abschluss möchte ich im Namen aller der Organisation, Angela und Jürgen Grygier, für die Möglichkeit der Teilnahme an diesem Lehrgang danken. Ich habe zwar keine Referenz zu anderen Lehrgängen, dennoch habe ich das Gefühl, mir wurde das richtige Wissen zur richtigen Zeit, zum passenden Lernfortschritt vermittelt. Dank gilt auch unseren Fluglehrern Jürgen und Rene, meinen Respekt ich hätte wohl vomiert.